Der heurige Gründonnerstag sollte uns an das letzte Abendmahl erinnern. Damit begann ein neuer Bund zwischen Mensch und Gott, mit Jesus als Bindeglied. Dieses Jahr wurde uns aber auch bewusst gemacht, dass Österreich bereits am Gründonnerstag jene Ressourcen verbraucht hat, die uns eigentlich nicht mehr zustehen würden. Anders gesagt: Bis zum Ende des Jahres leben wir auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder. Aber das muss so nicht sein.
Bereits am 6. April hat Österreich seinen Anteil an den natürlichen Ressourcen verbraucht, die die Erde im gesamten Jahr 2023 regenerieren kann. Daran erinnert der Welterschöpfungstag (Earth Overshoot Day).[1] Würden alle Länder der Welt so viele Ressourcen verbrauchen, wie Österreich, bräuchten wir mehr als drei Planeten.
Papst Franziskus bezeichnet die Erde als unser gemeinsames Haus. Und der Mensch wurde auserwählt, um sich um den Haushalt zu sorgen. Auch wir wissen: Wenn am Ende des Geldes noch zu viel Monat übrig bleibt, stimmt etwas nicht. Wer bereits am 10. des Monats all sein Vermögen vom Konto abgehoben und verbraucht hat, wird die leidvollen Konsequenzen für die verbleibenden zwei Drittel des Monats ertragen müssen. Geht es um die Ressourcen, greifen die reichen Länder dieser Welt auch dann noch zu, wenn ihnen nichts gar nichts mehr zusteht. Die schmerzhaften Folgen verspüren aber nicht die Verursacher, sondern diejenigen, die ohnehin wenig aus der „Haushaltskasse“ genommen haben.
Was im Kleinen viele wissen, wird im Großen ignoriert. Für den jährlichen Welterschöpfungstag eines jeden Landes berechnen Expertinnen und Experten in einem komplizierten Verfahren, wann der durchschnittliche theoretische Flächenbedarf der Menschheit etwa für Urbanisierung, Nahrungsmittelanbau und industrielle Produktion die Pufferkapazitäten der Erde übersteigt. Österreich liegt mit dem 6. April dabei im vordersten Feld.[2]
Leben auf Kosten der künftigen Generationen
"Kein Industriebetrieb, kein Gasthaus oder Bauernhof kann erfolgreich sein, wenn er schon Anfang April sein gesamtes Jahresbudget ausgegeben hat. Aber genau das macht Österreich und lebt damit auf Kosten unserer Zukunft", sagte Lisa Panhuber, Sprecherin von Greenpeace im Gespräch mit der APA. [3]
„Der Earth Overshoot Day zeigt, dass das derzeitige Produktions- und Konsumsystem nicht mit der Absicht vereinbar ist, unseren Planeten weiterhin zu bewohnen.“
Gustavo Manrique, ecuadorianische Minister für Umwelt, Wasser und ökologischen Wandel, Ecuador.
Es geht auch anders!
Eine Trendwende ist nicht nur möglich. Sie bringt auch wirtschaftliche Vorteile für diejenigen mit sich, die Initiative ergreifen. Es gibt zahlreiche Beispiele, die wirtschaftlich robust sind und gleichzeitig den Overshoot reduzieren. Beispiele dafür:
Eine Halbierung der weltweiten Lebensmittelverschwendung, wie von vielen Lokalinitiativen auf der ganzen Welt angestrebt wird, würde den Earth Overshoot Day um 13 Tage herausschieben (#MoveTheDate).
Die städtische Fahrradinfrastruktur weltweit auf ein Niveau wie derzeit in den Niederlanden zu heben, hat das Potenzial, den Earth Overshoot Day um 9 Tage zu verzögern.
Strom durch kostengünstige land-basierte Windkraft zu erzeugen, wie das in Dänemark und Deutschland praktiziert wird, hat das Potenzial, den Earth Overshoot Day um mindestens 10 Tage zu verschieben.
Seit wir aufgehört haben, zu nutzen, was die Natur - gleichsam die Hand reichend - von sich aus anbietet, richtet das vorherrschende System den Blick darauf, welcher Gewinn aus der Nutzung vorhandener Ressourcen erzielt werden kann. Von da aus gelangt man leicht zur Idee eines unendlichen und grenzenlosen Wachstums, das viele Ökonomen, Finanzexperten und Technologen immer noch sehr begeistert.
Die Maxime vom grenzenlosen Wachstum ist wohl das folgenschwerste Zeugnis menschlicher Kurzsichtigkeit. Dieses Wachstum setzt aber die Lüge bezüglich der unbegrenzten Verfügbarkeit der Güter des Planeten voraus, die dazu führt, ihn bis zur Grenze und darüber hinaus „auszupressen“. Es handelt sich um die irrige Annahme, „dass man über eine unbegrenzte Menge von Energie und Ressourcen verfügen könne, dass diese sofort erneuerbar und dass die negativen Auswirkungen der Manipulationen der natürlichen Ordnung problemlos zu beheben seien."[4] Versprechen, dass Technologien und Innovationen die (einzig) wahre Lösung zur Eindämmung der Klimaerhitzung wären, bauen auf dem Irrtum auf, vor dem der Club of Rome in seinem Bericht Die Grenzen des Wachstums bereits vor 50 Jahren eindringlich gewarnt hatte.
Am heutigen Gründonnerstag sollten wir an den Bund zwischen Gott und den Menschen erinnert werden. Der Bund mit Gott ist immer auch eine Verbundenheit mit seiner Schöpfung. Ein Bund, der ein hohes Maß an Verantwortung für den Schutz der göttlichen Schöpfung in sich trägt. Der heilige Franz von Assisi war sich dieser Verantwortung mehr als bewusst. Er liebte die Schöpfung. Auch die kleinsten Geschöpfe nannte er deshalb Bruder und Schwester. Diese Überzeugung darf nicht als irrationaler Romantizismus herabgewürdigt werden, denn sie hat Konsequenzen für die Optionen, die unser Verhalten bestimmen.
Wenn wir uns der Natur und der Umwelt ohne diese Offenheit für das Staunen und das Wunder nähern, wenn wir in unserer Beziehung zur Welt nicht mehr die Sprache der Brüderlichkeit und der Schönheit sprechen, wird unser Verhalten das des Herrschers, des Konsumenten oder des bloßen Ausbeuters der Ressourcen sein, der unfähig ist, seinen unmittelbaren Interessen eine Grenze zu setzen. Wenn wir uns hingegen allem, was existiert, innerlich verbunden fühlen, werden Genügsamkeit und Fürsorge von selbst aufkommen. Die Armut und die Einfachheit des heiligen Franziskus waren keine bloß äußerliche Askese, sondern etwas viel Radikaleres: ein Verzicht darauf, die Wirklichkeit in einen bloßen Gebrauchsgegenstand und ein Objekt der Herrschaft zu verwandeln.[5]
[1] Der Kurier: Österreichs Ressourcen für das Jahr sind ab heute verbraucht. URL: https://kurier.at/wirtschaft/oesterreichs-ressourcen-fuer-das-jahr-sind-ab-heute-verbraucht-welterschoepfungstag-earth-overshoot/402391790 . Online-Ausgabe vom 06. April 2023. Download am 06.04.2023
[2] Ebenda
[3] Austria Presse Agentur: Mit Donnerstag hat Österreich Ressourcen aufgebraucht. URL: https://apa.at/news/mit-donnerstag-hat-oesterreich-ressourcen-aufgebraucht-2/. Online-Ausgabe vom 06. April 2023. Download am 06.04.2023
[4] Papst Franziskus: ENZYKLIKA LAUDATO SI’. Über die Sorge für das gemeinsame Haus. Randziffer [106]. 2015
[5] Papst Franziskus: ENZYKLIKA LAUDATO SI’. Über die Sorge für das gemeinsame Haus. Randziffer [11]. 2015
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